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TAZ will regionalen Unternehmen dienen

23.3.2015 |

In Spiegelau hat man derzeit überwiegend „Kundschaft" von auswärts − Ohne Grundfinanzierung droht das Aus

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Wenn man an das Technologie-Anwenderzentrum (TAZ) Spiegelau denkt, dann denkt man an Glas. Richtig − aber wenn man an Glas denkt, denkt man vor allem an die Glasbranche. Und das ist zu kurz gedacht: Was am TAZ Spiegelau geforscht und entwickelt wird, kann für Unternehmen praktisch aller Fachrichtungen nützlich sein. „Es gibt keinen Bereich, für den unsere Arbeit nicht interessant ist“, warb der neue wissenschaftliche Leiter Prof. Raimund Förg nun im Kreistag um Kooperationen mit Unternehmen aus dem Landkreis.

Und er nennt als Beispiel eine Prüftechnik für Leder-Autositzbezüge; oder dass man an einem Solar-Putz forscht − also an einem Energie erzeugenden Baustoff. Gemeinsam mit dem neuen operativen Leiter Dipl.-Ing. Benedikt Scharfe präsentierte Prof. Förg dem Kreistag ein beeindruckendes Forschungs-Spektrum. Der aus Straubing stammende Förg kommt aus der Wirtschaft, war für Firmen wie zum Beispiel Infineon in der Entwicklung und Forschung in Sachen Halbleiter tätig, bevor er vor 16 Monaten einem Ruf als Professor an die Hochschule Deggendorf folgte. Materialwissenschaften und Mikrosystemtechnik sind seine Fachbereiche. Und sein Auftrag: Das Spektrum am TAZ Spiegelau erweitern. „Hier ist ein super Entwicklungsumfeld vorhanden“, so der Professor, der die Gemeinde und den Landkreis für ihren Mut lobte, hier in Vorleistung zu gehen. Das Besondere am TAZ sei die wohl einmalige Zusammenarbeit zwischen der TU Deggendorf und der Uni Bayreuth sowie der Firma Füller. So kümmert sich die Uni um Schmelztechnologie und Heißformgebung, während die TU die Felder Präzisionsblankpresse, Oberflächentechnik und Messtechnik beackert − „eine ideale Ergänzung", so Förg.

Er stellte dem Kreistag vor, was im TAZ mittlerweile alles an Geräten und Ausstattung vorhanden ist − hochpräzise, hochmodern und nicht billig. „Wir haben Systeme und Maschinen, die man der näheren Industrie zur Verfügung stellen kann, damit kann man nicht nur Grundlagenforschung betreiben“, so Förg, und bat die Kreisräte: „Machen Sie Werbung für uns, hier steht ein Equipment vor Ihrer Haustür, das will genutzt werden.“ Das TAZ habe Projektpartner aus ganz Bayern, „aber es soll auch lokal was passieren“. Was alles passieren könnte − das dürften die wenigsten Zuhörer im Kreistag so richtig verstanden haben. Es hörte sich aber beeindruckend an, wie Prof. Förg etwa von Schmelze basierten Werkstoffen schwärmte, von 3D-Glas und gläsernen Ultraschallsensoren, von gebogenen Röntgenspiegeln, die in den Weltraum geschossen werden sollen, von Composit-Kugeln und Basaltglas, von Optokeramiken und Glashalbzeug, von hydrophoben Oberflächen und vom Optical Interposer. Letzterer könnte in näherer Zukunft in der Transistortechnik eine Alternative zu Silizium darstellen. Das waren etliche „böhmische Dörfer“. Aber: „Es ging uns darum zu signalisieren, was im TAZ Spiegelau alles an Innovation und technischem Fortschritt stattfindet“, so Landrat Sebastian Gruber. „Und um die Botschaft: Viele Dinge, die im TAZ passieren, sind von großer Bedeutung für die regionale Wirtschaft.“

Auch Spiegelaus Bürgermeister Karlheinz Roth warb dafür, Kooperationen einzugehen. „Es sind hochkomplizierte, aber auch hochinnovative Projekte − da gehört das richtige Team dazu: äußerst professionell, engagiert und mit höchster Motivation.“

Wie der operative Leiter Benedikt Scharfe ergänzte, besteht das TAZ-Team aus verschiedensten Fachleuten unterschiedlichster Richtungen. „Glas kann man sehr mannigfaltig verwenden − auch in Bereichen, an die man von vorneherein gar nicht denkt.“ Kreisrat Alexander Muthmann sagte, das großes finanzielle Engagement der Kommunen sei nur gerechtfertigt, wenn die Gelder der regionalen Wirtschaftsförderung dienen. Und erneut kritisierte er: „Hochschulfinanzierung sollte Aufgabe des Staates sein.“ Prof. Förg erläuterte, dass die Sach- und Personalmittel von Uni und TH finanziert werden und dass Landkreis und Gemeinde die Infrastruktur stellen. Neue Mitarbeiter könnten nur finanziert werden, wenn das Geld dafür mittels Kooperationen akquiriert wird − „ich bin das Klinkenputzen für Fördermittel gewöhnt, und ich gehe davon aus, dass wir weiter wachsen“.

Allerdings, und da wurde Förg genauso leidenschaftlich wie vorher, als er vom Optical Interposer sprach: Nach Ablauf der fünfjährigen Anschubfinanzierung müsse es unbedingt eine staatliche Grundfinanzierung geben. „Söder sagt, er kommt dafür auf“ − und das sei auch angebracht, „denn sonst hieße es ja, wir müssen besser sein als das Fraunhofer-Institut. Ohne Grundfinanzierung überlebt kein einziger Technologiecampus“. Für Förg gibt es da überhaupt nichts zu diskutieren: „Dann müsste das TAZ schließen.“

So weit, ist Landrat Gruber überzeugt, wird es aber nicht kommen: „Ich gehe davon aus, dass das beim TAZ funktioniert wie beim Technologie Campus Freyung − es gibt sehr gute Signale aus München.“ Das bestätigte Max Gibis: „Landkreis und Gemeinden helfen zusammen, eine innovative Hightech-Region zu schaffen − und mit den drei Campi haben wir eine gute Grundlage. Wir haben uns getraut, das zu tun, und es war klar, dass das ein gewisses Risiko ist. Aber das Beispiel Freyung zeigt, dass der Freistaat die Kommunen nicht im Regen stehen lässt.“ Er sei guter Dinge, dass auch für Spiegelau eine gute Lösung gefunden wird.